Runder Tisch als Wegbereiter

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Der Christustag in Linz war die erste große Veranstaltung, auf der neben der katholischen und evangelischen Kirche auch die anerkannte Kirche der Freikirchen in Österreich maßgeblich beteiligt war.

In diesem Video sind viele Statements von leitenden Persönlichkeiten zu sehen, die sie während des Christustages abgaben. Unter anderen wird Dr. Peter Krömer interviewt (Beginn bei Minute 3:02), der als Rechtsanwalt stark im Anerkennungsprozess involviert war.

Wie viele andere Personen aus der katholischen und evangelischen Kirche, aber auch von Universitäten und Ministerien ebenfalls mitgewirkt haben, wird auch aus einem Bericht von Hans-Peter Lang deutlich, den wir im unten angeführten Text in Erinnerung bringen. (Die längere Fassung, die noch weitere Stationen auf diesem Weg aufzeigt, finden Sie hier.)

Wir sind Gott dankbar, dass der Weg der Versöhnung - Runder Tisch Österreich neben vielen anderen – wie zum Beispiel die Evangelische Allianz – einen wichtigen Beitrag leisten durfte, damit die Einheit im Geist deutlicher sichtbar wird in unserem Land.

"Religionsfreiheit in Österreich – zwischen Privilegierung und Diskriminierung"



Dies war der Titel einer Tagung, die am 18. Oktober 2010 in Wien stattfand.

Auslösend dafür war ein Bericht der Arbeitsgruppe „Religion und Gesellschaft“ in der Kommission „Justitia et Pax“ (Gerechtigkeit und Frieden) der katholischen Bischofskonferenz. Dieser Bericht ging vom Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus, welcher der Klage den „Zeugen Jehovas“ Recht gab, in Österreich rechtlich als Religionsgemeinschaft anerkannt zu werden. Dadurch werde – so der Bericht der Arbeitsgruppe – der Gesetzgeber in Österreich gezwungen, das Religionsgesetz zu ändern, mit erheblichen Folgen auch für den Rechtsstatus der Freikirchen, der diese sehr stark diskriminiert. Die Arbeitsgruppe sprach die Überzeugung in diesem Bericht aus, dass Vorschläge von Seiten der katholischen Kirche in diesem Bereich wünschenswert wären, bevor der Gesetzgeber aktiv würde.

Da ich Mitglied sowohl in dieser Kommission als auch im „Weg der Versöhnung“ (einem Zusammenschluss von christlichen Leitern aus den Großkirchen, den freien Werken und den Freikirchen in Österreich) bin, lag es nahe, hier eine Brückenfunktion wahrzunehmen. Gerechtigkeit ist und bleibt eine Voraussetzung für Versöhnung und Frieden!

In der Folge trafen sich im letzten und im heurigen Jahr mehrfach Vertreter beider Gruppierungen, um solidarisch gemeinsam mögliche Wege zur Verbesserung der rechtlichen Lage der Freikirchen zu suchen. Diese Gespräche waren sehr konstruktiv und von einem Geist starker Einheit getragen. Der Anwalt bei vielen Verfahren der Freikirchen in ihrem Ringen um rechtliche Anerkennung, Dr. Peter Krömer, hat mit seiner fachlichen Detailkenntnis hier Wesentliches beigetragen. Es wurde gemeinsam beschlossen, eine Tagung durchzuführen, um die bestehenden rechtlichen Probleme einem breiteren Kreis bekannt zu machen.

Dies geschah nun am 18. Oktober in Wien. Der Hörsaal im Dachgeschoss des Juridicums der Universität Wien war bis zum letzten Platz gefüllt, als Prof. Raoul Kneucker als Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kirchenrecht und Prof. Heinrich Schneider seitens Justitia et Pax die Tagung eröffneten. Ersterer sprach davon, dass diese Tagung eine neue Phase auf dem Weg der Versöhnung in der christlichen Ökumene einleite, Prof. Schneider betonte die Pflicht zur Solidarität mit den benachteiligten kirchlichen Gemeinschaften.

Die folgenden Vorträge von Dr. Brigitte Schinkele (Univ.Wien) und Dr. Peter Krömer gingen auf die bestehenden diskriminierenden rechtlichen Gegebenheiten im Detail ein:

• die Höhe der Mindest-Mitgliederzahl (die nur 5 der derzeit 14 schon anerkannten Religionsgemeinschaften erfüllen!!)
• die Frage der Zahl der Mitglieder in den Gemeinden, in denen es nur die Glaubens-(Erwachsenen-)taufe gibt
• die rechtliche Diskriminierung der nicht anerkannten religiösen Bekenntnisgemeinschaften im Baurecht, Steuerrecht, nach dem Arbeitsverfassungsgesetz und dem Arbeitsruhegesetz und in einigen weiteren Bereichen.

Frau Dr. Schinkele forderte, dass „das österreichische Anerkennungsrecht einer umfassenden grundrechtskonformen Revision“ zu unterziehen sei, weiters, dass im Falle der Beibehaltung des zur Zeit herrschenden zweistufigen Anerkennungsverfahrens dieses nicht in Zukunft so konzipiert werden dürfe, dass diese zweite Stufe durch „Anerkennungsverhinderungsvoraussetzungen“ nicht mehr erreicht werden könne. Sie betonte auch, dass der „Aspekt des Minderheitenschutzes“ einzubeziehen ist. An beide Vortragende wurden zu Detailproblemen viele Anfragen gestellt. Der lange Beifall nach beiden Referaten sprach für sich.

Nach einer Pause folgte eine Podiumsdiskussion, an der Vertreter der Freikirchen und prominente Personen aus Großkirchen und dem Kultusamt teilnahmen. Zu den einzelnen Statements gab es zahlreiche Kommentare und auch Fragen aus dem Kreis der Zuhörer. Abschließend wurden die Teilnehmer dieser Tagung zu einer kleinen Agape eingeladen, die Gelegenheit zu den so wichtigen persönlichen Kontakten gab.

Beeindruckend waren für mich die klaren Aussagen der Fachleute in den Eingangsreferaten, das hohe Niveau der Anfragen und Antworten und das gute Klima bei dieser Tagung. Aus dieser Erfahrung war das einleitende Wort von Prof. Kneucker von einer neuen Phase der Versöhnung der christlichen Kirchen wirklich ein prophetisches Wort. Möge dieser Weg der Versöhnung mit Gottes Hilfe uns alle weiter führen – die sehr schwierigen Schritte in die Politik zur Einleitung der gesetzlichen Änderungen stehen noch bevor.

Hans-Peter Lang